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Die kleinen Tsingys

Der nächste Morgen begann mit einem Frühstück auf der Terrasse unseres Restaurants und dem Blick über das Tal. Da wir ja am Abend erst nach der Dämmerung angekommen waren, war dies unser erster Eindruck, den wir bei Tageslicht von der Landschaft bekamen. Direkt nach dem Frühstück ging es aber auch schon wieder runter zum Fluss, um die Landschaft als Erstes vom Boot aus zu erkunden.

Ganz wichtig war jetzt eine Einweisung in ein Fady, ein Tabu oder rituelles Verbot. Fady ist aber auch ein Wort für heilig. Man darf auf keinen Fall mit dem Finger auf etwas oder jemanden zeigen, auch nicht auf die Tsingys. Mit der Faust oder der ganzen offenen Hand ist es in Ordnung, aber ein einzelner Finger ist absolut ausgeschlossen. Diese Fadys sind bei den unterschiedlichen Volksgruppen in Madagaskar auch ganz unterschiedlich ausgeprägt. Während einige nicht im Stehen essen dürfen, sind es bei anderen wiederum bestimmte Tiere, die nicht verspeist werden.

Manche dürfen Farben nur zu bestimmten Anlässen tragen (rote Kleidung bei Opfergaben) andere wiederum genau nicht (keine rote Farbe bei Beerdigungen). Also mal eine Gebotsregel, dann aber auch wieder eine Verbotsregel. Und diese betreffen so jeden Bereich des Lebens. Die Einheimischen empfinden diese Regeln als ‚nicht kompliziert‘. Für die Touristen sind sie oft nur schwierig einzuhalten. Wie dieses Fady mit dem Fingerzeig.

Diese Erklärung und das Üben, die ganze Hand zum Zeigen zu nutzen, haben die kurze Fahrt zum Bootsanleger voll ausgefüllt. Dort sind wir in ein Boot eingestiegen, um den Fluss ein wenig flussaufwärts zu fahren. Es war einiges an Wasser im Boot und nachdem wir eingestiegen waren, wurde es merklich mehr. Also wieder raus aus dem Boot und ins Nächste eingestiegen. Diese war trocken und blieb es auch. Jetzt konnte unsere kleine Bootsfahrt losgehen.

Der Blick über's Tal
Der Blick über’s Tal
Die Boote
Die Boote

Die Fahrt wurde mit Paddel und langer Holzstange durchgeführt, also ohne Motorenlärm und ganz gemütlich. Wir sind am Ufer entlanggefahren und haben bei einigen Höhlen angehalten, um diese zu erkunden. Hier gab es von Vögeln über Tropfsteinformationen bis hin zu Fledermäusen sehr viel zu entdecken. Man musste sich dieses aber an einigen Stellen mit etwas Kletterei erarbeiten und ohne unsere Lampen wäre es gar nicht möglich gewesen weiter als wenige Meter in die Höhlen zu steigen. Umso erstaunlicher, wie die Vögel bis in die hinteren, licht freien Ecken der Höhle finden.

Vögel in der Höhle
Vögel in der Höhle
Tropfstein
Tropfstein
Fledermaus
Fledermaus

Ein besonderes Highlight der Bootsfahrt war allerdings auch der Blick auf ganz viele Gräber, die hoch oben auf kleinen Vorsprüngen in den Steilwänden angelegt sind. Vom Boot aus konnte man bei genauer Betrachtung Geländer erkennen und weiße Gegenstände auf den Felsvorsprüngen, die sich als die Gebeine Verstorbener herausstellten. Diese Gräber werden immer noch genutzt und gepflegt und sind ein heiliger Ort für die hier lebenden Stämme.

hochgelegene Gräber
hochgelegene Gräber

Bevor es jetzt mit der Wanderung durch die kleinen Tsingys weitergeht noch der Link zu einigen weiteren Bildern: Flussfahrt auf dem Manambolo

Und hier zur Einstimmung zu den Tsingys der Link auf die Wikipedia: Die Tsingys von Bemaraha. Wer sich jetzt die Frage stellt, warum denn kleine Tsingys? Die Antwort ist ganz einfach. Hier am südlichsten Ausläufer dieses Karstgebirges fallen die Felsnadeln zum Fluss hin ab und erreichen nur noch eine Höhe bis max. 40 m, meist aber nur so im Bereich von 15-25 m. Weiter im Inneren sind es dann oft bis zu 40 m hohe spitze, vom Wasser geformte Kalkfelsen. In Einzelfällen hier im Gebiet sind es auch schon mal über 100 m und im Norden, im sogenannten integralen Reservat, einem für Touristen nicht zugänglichen Naturschutzgebein, können auch schon mal die 300 m erreicht werden.

Aber wir sind jetzt hier direkt am Fluss, also nicht ganz so hoch. und vorbei am Parkschild kam auch gleich der erste Engpass zum Einstieg in die Tsingys.

Das Parkschild
Das Parkschild
es geht rein
es geht rein
eng darf's sein
eng darf’s sein

Diese schmalen Gänge, über lange Zeit vom Wasser ausgespült, teilweise als Höhlen und Durchgänge geformt, fordern einem einiges in der Beweglichkeit ab. Nicht dass es schwierig zum Laufen wäre, man muss nur überall aufpassen sich nicht an den spitzen Steinen zu verletzen. Aufgrund der Enge muss der Rucksack oft nach vorne geholt werden. In gebückter Haltung gleichzeitig auf den Weg zu achten und sich weder den Kopf zu stoßen noch an den Steinen anzuecken ist für uns doch eher ungewohnt und wir kommen nur langsam voran. Auch das Klettern an einigen Stellen und das Balancieren auf schmalen Wegen ist kein Hexenwerk, dauert aber seine Zeit.

ein Tunneleingang
ein Tunneleingang
Klettern in der Enge
Klettern in der Enge
im Tunnel
im Tunnel
Gehen auf dem schmalen Pfad
Gehen auf dem schmalen Pfad

Belohnt wird man aber mit einer fantastischen Aussicht. Während der Wanderung belohnt einen die Landschaft mit beeindruckenden Felsformationen in Abwechslung zur Vegetation und an den Aussichtspunkten ist der Blick auf und über diese Landschaft einfach unvergesslich.

ein Blick über die Tsingys
ein Blick über die Tsingys
ein Blick in die Tsingys
ein Blick in die Tsingys

Allerdings ist es oben in der Sonne auf den schwarzen Felsen unerträglich heiß und nach wenigen Minuten waren wir dankbar, wieder etwas hinabzusteigen, um im Schatten einen Schluck zu trinken. Danach ging es weiter zu einigen ‚Lichtungen‘, in diesem Fall freie Flächen zwischen den Felsnadeln mit einem üppigen Pflanzenbewuchs. Schließlich sind die Tsingys nicht nur berühmt für Ihre Felsformationen – es gibt hier auch eine hohe Anzahl endemischer Pflanzen und Tiere. Schätzungen gehen hier von über 80 % bezogen aus Madagaskar aus, der lokal-endemische Anteil soll bei über 40 % liegen. Also fast jede zweite Pflanze oder auch fast jedes zweite Tier, was man hier sieht, gibt es auch nur hier. Wenn das man kein Ansporn ist, die Augen offenzuhalten und jeder noch so kleinen Bewegung aus dem Augenwinkel nachzugehen.

Und wir hatten richtig viel Glück und einen guten Führer. Nicht nur die Langohreule konnten wir erspähen, auch einen Eisvogel (Kingfisher) und die nur hier vertretene Lemurenart der Sifakas (von-der-Decken-Sifaka).

Die Langohreule
Die Langohreule
Sifaka de Bemaraha
Sifaka de Bemaraha
ein Eisvogel
ein Eisvogel

Nach diesen beeindruckenden Erlebnissen ging es langsam zurück Richtung Parkeingang, jetzt unser Ausgang. Auf dem Weg gab es noch einen wunderbaren Blick auf den Fluss von heute Morgen, nur diesmal aus einer erhöhten Perspektive, aber genauso faszinierend.

Blick auf den Fluss und das Ufer
Blick auf den Fluss und das Ufer
Blick in das Flussbett
Blick in das Flussbett

Mit der kurzen Fahrt zurück in unsere Unterkunft endete das Programm für diesen Tag ausnahmsweise mal am Nachmittag und wir konnten den Rest des Tages entspannen. Also auch mal das Reisegepäck neu verstauen, die Bilder sichern, etwas lesen und Musikhören und uns auf den nächsten Tag – die Wanderung in den großen Tsingys – vorbereiten.