Magadaskar – von Miandrivazo nach Bekopaka
Der nächste Tag bedeute den Beginn einer dreitägigen Bootsreise. Also wir, unser Guide und die Kinder sind für drei Tage auf einem Boot unterwegs. Soweit erstmal nichts Besonderes. Die Strecke, die wir zurückgelegt haben, könnt ihr euch wie folgt vorstellen:
Allerdings, was wir im Vorfeld dazu nicht im Geringsten erahnen konnten, war die Intensität der Erlebnisse.
Wenn man bei uns den Begriff Entschleunigung für das Abschalten von Alltag benutzt, so erzeugt das eine gewisse Erwartungshaltung zum Loslassen von den täglichen Gedanken und Sorgen. In Madagaskar gilt ein Großteil der Gedanken dem täglichen Überlebenskampf. Touristen, die ein Boot für drei Tage chartern, um einen Fluss entlangzufahren, sind, auch wenn man sich an sie gewöhnt hat, irgendwo etwas Exotisches. Und für uns ist das Chartern eines Bootes mit sieben Mann Besatzung, die nur für einen selbst da sind, schon eine ungewöhnliche Situation. Hier war Jocy als Organisator und Mittlerin sehr gefragt. Wir waren uns unsicher, wie man sich hier verhält, und die Besatzung wusste zwar, dass sie uns in drei Tagen am Zielpunkt abliefern sollte, aber solche einfachen Fragen wie; darf die Besatzung aufs Oberdeck, da wo wir saßen, wollten erst geklärt werden.
Natürlich darf die Besatzung sich überall auf dem Boot bewegen, aber das war / ist scheinbar nicht immer so.
Auch das mussten wir erstmal lernen. Doch bevor wir jetzt gleich aus Boot gehen, erst noch der Einstieg in den Tag.
Wir haben auf dem Weg zum Bootsanleger bzw. zum Dorf, wo die Boote am Fluss liegen, noch den lokalen Markt besucht.
Dieser befindet sich im Wesentlichen zwischen zwei Straßen und einer Gabelkreuzung. Nachdem wir die Auslagen der Verkaufsstände auf brauchbare Utensilien abgeklappert hatten und auch eine kleine Umhängetasche für Handy, Geldbörse und Schlüssel gekauft hatten, ging es weiter im Auto mitten durch das Nichts zu einem kleinen Dorf am Fluss. Und wenn ich hier von ‚mitten durch das Nichts′ spreche, dann ist damit wirklich eine Art Sandpiste gemeint, die mit einem Allrad noch befahren werden kann. Ansonsten aber hauptsächlich von Maultieren, Eseln, Ochsen und, nicht zu vergessen, zu Fuß genutzt wird. Aber auch diese Strecke haben wir gut überstanden, sind an unserem Ziel, einem kleinen Dorf am Fluss angekommen und konnten an der Bootsanlegestelle ‚unser‘ Boot betreten.
Wie man bei den vielen weiteren Booten schon erahnt, ist dieses ein beliebter Reiseabschnitt, allerdings waren wir für einen längeren Zeitraum die ersten Gäste und wurden so auch ein wenig beachtet, bestaunt und auch von den Kindern begleitet. Einige Bilder aus diesem Dorf findet ihr hier: Bootsanleger Flussfahrt.
Was ist jetzt aber auf der Bootsfahrt so passiert und wie haben wir uns die Zeit vertrieben? Gar nicht so leicht zu beantworten. Streng genommen saßen wir auf dem Oberdeck im Schatten und haben in die Landschaft geschaut. Mal gab es einen kleinen Stopp am Ufer zum Fische kaufen, dann wurde der Blick auf die Landschaft gelenkt, um hier und da Lemuren, Vögel und Krokodile zu entdecken. Erschreckend war zwischendurch der Anblick eines großen Heuschreckenschwarms, der am Ufer vorbeizog, da wir wissen, dass er eine abgefressene, kahle Landschaft hinterlässt. Doch trotzt dieser Untätigkeit ging der Tag total schnell zu Ende und wir haben an einer kleinen Sandbank gehalten, um dort unser Lager, genaugenommen die Zelte aufzuschlagen, die doch erstaunlich weit weg vom Fluss aufgebaut wurden? Nun ja, als wir für den Grund nachgefragt hatten, kam die Antwort mal wieder etwas einfach und verblüffend: Ist wegen der Krokodile, so weit aus dem Wasser kommen Sie nicht und wir sollten Nachts doch eher in Richtung Wald zur Toilette gehen – nicht Richtung Wasser.
Wie sieht das bei so einer Bootsfahrt aber mit der Hygiene aus? Dusche und fließend Wasser? Kein, Problem, auf der gegenüberliegenden Seite gibt es einen Wasserfall. Da kann man Duschen und Zähneputzen. Also schnell mit dem Boot auf die andere Seite übergesetzt und den Weg zum Wasserfall in Angriff genommen. Nur wenige Minuten, über Sandstrand, diverse Brücken, durch den Wald, über Steine klettern, schon ist man da.
Wir waren jetzt zu Trockenzeit, also im Winter, in Madagaskar. In der Regenzeit gibt es die Holzbrücken nicht, auch eine Überquerung des kleinen Rinnsals ist dann nicht möglich, da es sich in einen tosenden Fluss verwandelt und der jetzt beschauliche Wasserfall tost mit großer Macht in die Tiefe.
Uns hat es dort so gut gefallen, dass wir spontan am nächsten Morgen vor der Weiterfahrt zu einem weiteren Besuch zum Wasserfall aufgebrochen sind. Was für ein Unterschied zum gestrigen Abend, wo uns die Hitze des Tages ausgelaugt hatte und das Wasser unsere Lebensgeister wieder zurückholte. Heute Morgen fühlte es sich alles irgendwie kalt und frisch an, kein Wunsch sich wieder unter den Wasserfall zu stellen, aber eine sehr schöne Stimmung in dem morgendlichen Licht.
Nach der Morgentoilette und dem Frühstück ging es weiter den Fluss hinab bis wir am Vormittag dann am Ufer festmachten, wo auch schon einige Boote lagen. Heute war Markttag in Begidro und in dieses recht große Dorf strömten alle Leute aus der Umgebung. Wir wurden am Ufer von einer Schar an Kindern empfangen, jedes darauf bedacht auch ja mal unsere Hand zu halten. Sie begleiteten uns die ganze Zeit über und brachten uns am Schluss auch wieder zurück zum Boot.
In dieses afrikanische Gewusel einzutauchen, die Gerüche und Geräusche wahrzunehmen, die Auslagen auf den Ständen und die vielen Menschen zu erleben, das prägt so einen kurzen Stopp von gerade mal 30 Min.
Und wieder ging es weiter auf den Fluss entlang, bis wir am späten Nachmittag zu unserer zweiten Raststation auf einer Sandbank ankamen, nicht ohne zwischendurch von der Bootsbesatzung immer wieder auf die Natur hingewiesen zu werden.
Das soll jetzt nicht heißen, dass wir nur Krokodile gesehen haben. Es gab auch jede Menge Vögel bis hin zu Fledermäusen zu bestaunen. Die Krokodile haben aber wegen ihrer Gefahr schon eine andere Bedeutung für die Bootsbesatzung, insbesondere, da der Kapitän aufgrund des Niedrigwassers seinen Kurs im Fluss ganz genau planen musste. Am Anfang, in dem Dorf wo wir gestartet sind, war das Wasser maximal einen halben Meter tief, zu wenig für Krokodile. Hier aber gab es zwar auch immer seichte Flächen, wo das Boot sich hätte festfahren können, aber eben auch tiefere Stellen mit über einen Meter Wasserstand und da können immer und überall Krokodile lauern.
Den zweiten Teil dieser Bootsreise findet ihr auf der folgenden Seite.

















